Wohnrecht und Nießbrauchrecht: Wie unterscheiden sie sich?
23. Juni 2020Es ist keine Seltenheit, dass die Unterschiede von Wohn- und Nießbrauchrecht nicht bekannt sind, denn sie liegen im Detail. Doch genau diese Unterschiede sind es, die das Wohnrecht von dem Nießbrauchrecht auf juristischer Ebene unterscheiden. Damit Sie über beide Rechte informiert sind, klären wir Sie im Folgenden auf.
Nießbrauchrecht: Was ist darunter zu verstehen?
Das Nießbrauchrecht ist auch bekannt als Nießbrauch. Ganz allgemein steht es für ein Nutzungsrecht an fremden Gegenständen, Immobilien, Vermögen oder Rechten. Zwar wird der sogenannte Nießbraucher durch das Recht kein Eigentümer, doch wird es ihm überlassen, aus dem Gut Vorteile zu erwirtschaften. Das Verfügungsrecht bleibt allerdings bei dem Eigentümer. Das Nießbrauchrecht wird häufig für Immobilien und verwandtschaftliche Beziehungen angewandt. Hierzu ein Beispiel:
Der Nießbraucher darf eine Immobilie bewohnen. Außerdem darf er einen wirtschaftlichen Vorteil aus ihr ziehen, indem er sie vermietet. Der Verkauf der Immobilie bleibt aber dem Eigentümer vorbehalten.
Das Nießbrauchrecht kann nicht einfach so beschränkt werden und gilt oft ein Leben lang. Doch muss es nicht unentgeltlich erfolgen. Oft machen Kinder vom Nießbrauchrecht Gebrauch, wenn die Eltern bereits zu Lebzeiten eine Immobilie an sie überschieben haben. Ohne, dass die Eltern ausziehen müssen, können die Kinder die Immobilie beleihen oder veräußern.
Die Nutzungsmöglichkeiten des Nießbrauchs sind vielfältig. So kann auch ein Besitzer seine Immobilie auf seine erwachsenen Kinder übertragen, wenn dem Besitzer eine Insolvenz oder ähnliches droht. Die Kinder können ihm dann ein Nießbrauch einräumen. Wenn dieser Prozess vor der real absehbaren Insolvenz erfolgt, kann auf diese Weise die Immobilie für die Familie gerettet werden.
Wohnrecht: Was ist darunter zu verstehen?
Praktisch auf die Immobilie bezogen, sind zwischen Nießbrauch- und Wohnrecht fast keine Unterschiede zu erkennen. Auch beim Wohnrecht darf eine Person uneingeschränkt in einer Immobilie wohnen. Wie beim Nießbrauch wird das Recht ins Grundbuch eingetragen und gilt lebenslänglich. Die frühzeitige Aufhebung wäre nur möglich, wenn beide Parteien damit einverstanden wären.
Auch ein Verkauf der Immobilie würde nichts daran ändern. Beim Wohnrecht steht es dem Wohnberechtigtem allerdings nicht zu, wirtschaftliche Vorteile aus der Immobilie zu ziehen. Dieser wirtschaftliche Profit ist der größte und markanteste Unterschied zwischen Wohn- und Nießbrauchrecht. Mit anderen Worten: Der Wohnberechtigte genießt fast alle Vorteile, über die ein Nießbraucher verfügt.
Nießbrauch: Welche Vorteile bestehen?
Für den Eigentümer:
- Der Wert des Gutes kann steigen
- Das Gut ist sowohl veräußerbar als auch beleihbar
- Das Gut kann vererbt werden
Für den Nießbraucher und Wohnberechtigten:
- Das Wohnrecht besteht ein Leben lang
- Auch ein Verkauf verändert die Wohnberechtigung nicht
- Dem Nießbraucher steht es zu, die Wohnung zu vermieten – Dem Wohnberechtigten nicht
Nießbrauchrecht und Erbe
Ein Nießbrauchrecht ist nicht vererblich und gehört daher auch nicht zum Nachlass. Es spielt somit auch keine Rolle bei der Berechnung des Pflichtteilanspruches. Anders ist es bei einer Schenkung zu Lebzeiten des Erlassers: Durch die Schenkung wird ein Pflichtergänzungsanspruch zugunsten des Pflichtteilberechtigten ausgelöst.
Welche Formen des Nießbrauches gibt es?
Es bestehen drei grundsätzliche Formen des Nießbrauchrechts:
- Die unentgeltliche Nutzung
- Die teilentgeltliche Nutzung
- Die entgeltliche Nutzung
Trotz eines vereinbarten Entgeltes bleibt der Vorteil der uneingeschränkten, lebenslänglichen und grundbuchlich abgesicherten Nutzung bestehen. Sofern der Nießbrauch entgeltlich geregelt ist, sind die Leistung, also die Überlassung zur Nutzung, und die Gegenleistung, also das Entgelt, ausgewogen.
Anders ist es beim teilentgeltlichen Nießbrauch: Hier bestehen sowohl die Leistung als auch die Gegenleistung nur zum Teil. Ein Beispiel hierfür ist das Zahlen der Hälfte der üblichen Miete. Beim unentgeltlichen Nießbrauch wird hingegen entweder nichts oder weniger als 10 Prozent des Nießbrauchwertes gezahlt. Hierzu kommen Arten des Nießbrauchs, die juristisch definiert sind:
- Bruchteilnießbrauch: Hiermit ist eine Nutzung mit einem Miteigentumsanteil gemeint. Diese Form ist gegeben, wenn der Nießbrauchgeber über eine Eigentumswohnung in einem Mehrparteienhaus verfügt. In diesem Fall kann der Nießbrauch nur für die eine Immobilie, also den einen Anteil, gewährleistet werden.
- Nachrangnießbrauch: Hier handelt es sich um einen Sonderfall. Obwohl das Nießbrauchrecht nicht vererbt werden kann, wird für den verstorbenen Nießbraucher ein nachrangiger Dritter, meist ein Erbe, bestimmt, welcher vom Nießbrauch profitieren kann.
- Vorbehaltsnießbrauch: Wenn eine Eigentumsübertragung ansteht, wird diese Form des Nießbrauchs schon vor dem Eigentumsübergang gewährt.
- Quotennießbrauch: Von einem Quotennießbrauch spricht man, wenn der Nießbraucher nur für bestimmte Teile des Nießbrauchgegenstandes ein Nutzungsrecht erhält. Diese Form besteht, weil das Nießbrauchrecht nicht nur auf Immobilien, sondern auch auf andere Dinge, wie Wertgegenstände oder ein Vermögen, angewendet werden kann. Die Form des Quotennießbrauchs bei Immobilien könnte angewandt werden, wenn der Nießbraucher die Immobilie bewohnen, das Grundstück jedoch nicht nutzen darf.
- Zuwendungsnießbrauch: Als Begünstigter profitiert der Nießbraucher von der Vermietung der Immobilie oder der Verpachtung des Grundstückes.
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