Eigenheim in Gefahr – Was tun, wenn eine Zwangsversteigerung droht?
11. August 2022Es gibt viele Gründe, die zum Verlust des Eigenheims durch eine Zwangsversteigerung führen können. Plötzliche Arbeitslosigkeit, eine drastische Veränderung der Lebensumstände oder wenn die finanzielle Belastung – auch beispielsweise aufgrund der aktuellen Energiepreisentwicklung - unterschätzt wurde: Alles kann dazu führen, dass die monatliche Rate für den Immobilienkredit nicht mehr gezahlt werden kann. Früher oder später wird die Bank dann mit der Kündigung des Darlehensvertrages drohen. Gibt es Möglichkeiten, eine Zwangsversteigerung zu verhindern und was ist anzuraten, wenn dies nicht gelingt? Einige Antworten auf diese Fragen finden Sie im folgenden Beitrag.
Welche Rechte hat die Bank bei Zahlungsverzug?
Mit dem Eintrag einer Grundschuld ist für die kreditgebende Bank ein Pfandrecht gesichert. Das heißt, im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers kann die Bank mit diesem Pfand ihre Ansprüche befriedigen. Die Grundschuld ist ein sofort vollstreckbarer gerichtlicher Titel, was bedeutet, dass die Bank damit quasi einen rechtskräftigen Zwangsvollstreckungsbescheid in der Hand hat. Eine gesonderte Klage vor Gericht oder die amtliche Feststellung der Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers ist somit nicht notwendig – die Zwangsversteigerung kann direkt eingeleitet werden.
Eine so genannte Sicherungsabrede schützt den Kreditnehmer aber in der Regel vor dem willkürlichen Gebrauch dieses Vollstreckungsrechtes durch die Bank. In dieser Sicherungsabrede verpflichtet sich die Bank, die Grundschuld nur beim Eintreten bestimmter Ereignisse - wie bei Zahlungsverzug bei Zins und Tilgung - zu verwerten.
Diese Verwertung der Grundschuld kann in Form einer Zwangsverwaltung erfolgen: Hier hat die Bank Zugriff auf alle (Miet-) Einnahmen, die die Immobilie erzielt. Diese kann die Bank dann direkt in Zins und Tilgung umwandeln. Bei der Zwangsversteigerung dagegen wird die Immobilie verkauft und die Bank kann den Erlös bis zur Höhe der Grundschuld für die Ablösung der überfälligen Schulden verwenden.
Zu bedenken ist, dass auch nach einer Zwangsversteigerung der Kreditnehmer nicht in jedem Fall ganz schuldenfrei ist. Reicht der Erlös nicht aus, um die gesamten Verbindlichkeiten abzulösen, kann die Bank weiterhin die noch ausstehenden Ansprüche gegen den Schuldner geltend machen.
Wie kann das Verfahren aufgeschoben werden?
Das Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG) schützt Grundstückseigentümer, und mit einem entsprechenden Antrag lässt sich wertvolle Zeit gewinnen.
Im § 30a, Abs.1 des ZVG heißt es:
„Das Verfahren ist auf Antrag des Schuldners einstweilen auf die Dauer von höchstens sechs Monaten einzustellen, wenn Aussicht besteht, dass durch die Einstellung die Versteigerung vermieden wird, und wenn die Einstellung nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners sowie nach der Art der Schuld der Billigkeit entspricht.“
Im Klartext heißt das, dem Schuldner wird nochmal eine „Schonfrist“ zugesprochen. Das Verfahren der Zwangsvollstreckung wird ausgesetzt und diese Zeit von maximal 6 Monaten kann dafür genutzt werden, die ausstehenden Raten zu zahlen oder eine Vereinbarung mit der Bank zu erzielen.
Handeln, bevor es zu spät ist!
Es gibt einige Möglichkeiten, mit Hilfe der Bank oder durch andere Maßnahmen, die Zwangsversteigerung abzuwenden:
Verringerung oder Aussetzen der Tilgung
Insbesondere dann, wenn der finanzielle Engpass vorübergehend ist, kann die Verringerung oder das komplette Aussetzen der Tilgung eine Lösung sein. Da diese Senkung der monatlich zu zahlenden Rate eine unmittelbare Entlastung darstellt, kann sie für den Darlehensnehmer eine große Hilfe sein und so unter Umständen eine Zwangsversteigerung abwenden. Allerdings wird die Bank in der Regel auf den monatlich zu zahlenden Zinsanteil bestehen.
Die Bank ist nicht verpflichtet, sich auf Verringerung oder Aussetzen der Tilgung einzulassen. Doch den Verlust der Immobilie durch eine Zwangsversteigerung zu verhindern, liegt auch in ihrem Interesse.
Umschulden
Bei vielen Darlehen, die vor Jahren aufgenommen wurden, endet in absehbarer Zeit die Zinsbindungsfrist. Aktuell steigen die Zinsen wieder, doch noch sind sie niedriger als vor einigen Jahren. Wer noch einen Kredit mit höheren Zinsen abbezahlt, hat nun vielleicht die letzte Chance zum lohnenden Umschulden. Denn je höher die Zinsen steigen, umso weniger sparen Kreditnehmer bei einer Umschuldung. Also lohnt es sich, genau nachzurechnen und eventuell zügig zu handeln!
Haus teilweise vermieten
Bietet das Haus die Möglichkeit, eine Einliegerwohnung oder auch nur ein Zimmer zu vermieten? Das bringt nicht nur Mieteinnahmen, sondern senkt auch die Nebenkosten, die der Mieter dann anteilig trägt.
Wertgegenstände zu Bargeld machen
Sei es ein Erbstück, eine Antiquität, ein Kunstwerk oder teurer Schmuck – Gegenstände von hohem Wert schätzt man oft auch aus anderen Gründen und trennt sich ungern von ihnen. Hier gilt es abzuwägen, ob sich ein Verkauf lohnt und ob man sich zu Gunsten des Eigenheims von ihnen trennen möchte.
Monatliche Fixkosten prüfen - lässt sich hier sparen?
Bei der Bestandsaufnahme der regelmäßigen monatlichen Ausgaben kommt nicht selten ein großes Einsparpotenzial zum Vorschein: Ob es beispielsweise um Versicherungsbeiträge, Kosten für Entertainment oder Telekommunikation geht. Vielleicht kann auch auf den Zweitwagen verzichtet werden oder man bildet Fahrgemeinschaften - die Lebenshaltungskosten lassen sich oft auf vielfältige Weise reduzieren.
Wenn alle Bemühungen vergeblich sind
Ist die Immobilie trotz aller Bemühungen nicht zu retten, ist es ratsam, das Haus oder die Wohnung frei zu verkaufen, bevor es zu spät ist. Eine Immobilie, die über eine Zwangsversteigerung verkauft wird, führt normalerweise zu einem geringeren Erlös. Außerdem fallen dabei zusätzliche Kosten an.
Wenden Sie sich gern an uns, wenn es um die Einschätzung des Verkehrswertes Ihrer Immobilie geht!
Haftungsausschluss: Die Blogartikel von Jensen & Doering besitzen lediglich einen informativen Charakter und stellen keine Rechts- oder Anlageberatung dar.
Sie haben Fragen?
Schreibe Sie uns eine E-Mail oder rufen Sie uns an – wir freuen uns von Ihnen zu hören.